Das Leben des Henry Dunant (8. Mai Weltrotkreuztag)
Berlin. Zweifellos eine der interessantesten Biographien in der Geschichte des Roten Kreuzes ist die seines Gründers, Henry Dunant.
Herkunft
Am 8. Mai 1828 wird Jean-Henri Dunant in Genf geboren. Er ist der erste von fünf Kindern, drei Knaben und zwei Mädchen. Seine Vorfahren waren in Genf sehr einflussreich. Sein Vater ist Kaufmann, Mitglied der städtischen legislativen Gewalt und Präsident der städtischen Vormundschaftskammer. Schon früh wird ihm soziale Verantwortung nahegelegt. Zum einen durch die Erziehung der Mutter und zum anderen durch den Vater, der sich um Waisen und Vorbestrafte kümmert.
Jugend und Erziehung
Schlüsselerlebnis in seiner Jugend ist eine Reise mit seinem Vater nach Toulon. Dort muss er die Qualen von Garleerenhäftlingen mit ansehen. Er ist zutiefst berührt und erschrocken. In ihm wächst der Wunsch etwas zu tun gegen das Leid und die Not auf dieser Welt. Immer wieder konfrontiert mit der Armut wird er, wenn sein Vater die ihm anvertrauten Waisen auf ihren Familienbesitz in der Vorstadt einlädt. Auch die Mutter besucht regelmäßig Armutsviertel in der Stadt und Henry begleitet sie oft .Seine erste große Idee hat die Gründung des 'Christlichen Vereins junger Männer' zur Folge, den er zusammen mit einigen Bekannten gründet und der noch eine bemerkenswerte Einwicklung vollziehen wird. Schon früh sinnt der junge Idealist von weltweiter Kooperation und Gleichberechtigung.
In jungen Jahren
Der inzwischen erwachsene Henry widmet von nun an viel Zeit den Armen und Gefangenen. Auch die Lektüre des Buchs "Onkel Toms Hütte" von Beecher-Stowe, das von den Grauen der Sklaverei erzählt, motiviert ihn zu weiterem Engagement für die Schwachen.
Algerienreise
1853 reist er das erste Mal nach Algerien und stellt fest, das es hier an Getreide mangelt. Er will mit der Gründung einer Mühlenaktiengesellschaft Abhilfe schaffen. Aber er muss feststellen, dass dies nicht ohne Widerstand abläuft. Die französische Kolonialmacht findet, er nehme zuviel Einfluss und behindert ihn und sein Unternehmen in bedrohlicher Art und Weise.
Solferino
Um sich Hilfe bei seinen Problemen zu beschaffen macht er sich auf die Reise nach Italien, wo sich der französische Kaiser Napoleon III. aufhält. Auf der Reise erlebt er die Schlacht bei Solferino, die zwischen Italien/Frankreich und Österreich tobt. Es ist eine außerordentlich grausamer Krieg, der in einem furchtbaren Gemetzel ausartet. Der militärische Sanitätsdienst ist hoffnungslos überlastet und auch die bereitwillige Unterstützung der Einwohner des nahen Castiglione hilft nur wenig, wenngleich sie ihr äußerstes leisten. Es wird nicht mehr zwischen Feind oder Freund unterschieden. Allein die Not bestimmt, wem geholfen wird, weil "alle Brüder sind". Auch Henry Dunant sieht sich verpflichtet, helfend einzugreifen. Er organisiert die Hilfsmaßnahmen, beschafft Mittel und legt auch selbst Hand an. Seine Erinnerungen an diese Zeit schreibt er, als er wieder nach Genf zurückgekehrt ist im Buch "Erinnerungen an Solferino" (Auszug) nieder. Das Buch wird ein großer Erfolg und bringt ihm große Anerkennung und Sympathie bei sehr einflussreichen Leuten ein. In der folgenden Zeit geht er auf Reise durch ganz Europa und bemüht sich um die Gründung einer Gesellschaft zur Hilfe an Kriegsverwundeten. Zu diesem Zweck findet 1863 in Genf eine Konferenz statt, die verschiedene Abkommen und die Gründung des Roten Kreuzes zur Folge hat. Eine Folgekonferenz soll endlich für viele Staaten die menschenwürdige Behandlung von Verwundeten verbindlich machen. Sie findet am 22. August 1864 in Genf statt. 16 Nationen unterzeichnen die "Genfer Konvention zur Verbesserung des Schicksals der Kriegsverwundeten im Felddienst".
Finanzkrise
Bei einem Besuch in Algerien muss er den erschreckenden Zustand seiner landwirtschaftlichen Betriebe erkennen. Bei einem Zusammentreffen mit dem Kaiser sichert der Dunant seine breite Unterstützung zu. Etwas später wird eine Delegation von Dunants Hilfsorganisation in Paris empfangen. Vor allem der Kriegsminister Randon ist insgeheim sehr kritisch gegenüber Dunant und seinen Anhängern. Er wird aber paradoxerweise zum Ehrenvorsitzenden der Hilfsorganisation.
Henry Dunant wird absichtlich von seinen Widersachern von französischen Projekten in Algerien ausgeschlossen und auch in seinem eigenen Unternehmen zeichnet sich ein großer Verlust ab.
1866 packt Dunant ein neues Werk an. Er will den Orient erneuern und verfasst dazu ein gleichnamige Buch. Er will den Staat Israel wiederherstellen und in dieser Region dauerhaft Frieden schaffen. Aber nur eine Familie auf Württemberg wird dort angesiedelt, danach kommt das Projekt wegen mangelnder Unterstützung zu Stillstand.
Das Rote Kreuz
Dunants Hilfsorganisation für Kriegsverletzte hingegen verbucht erste Erfolge: Im Krieg zwischen Preußen und Österreich kommt sie zum Einsatz. Dunant wird vom deutschen Kaiser Wilhelm I. geehrt.
Erneute Krise
Währenddessen erleiden seine Algerienbetriebe den finanziellen Ruin. Er ist nun stark verschuldet und muss deshalb auch seinen Sitz beim internationalen Komitee in Genf abgeben. In der folgenden Zeit hält er sich in unter anderem in Paris auf, unter ärmlichen Verhältnissen. Kalte, Krankheit und Hunger sind seine ständigen Gefährten. Napoleon III. und seine Freunde wollen ihm Hilfe zukommen lassen, aber ihre Nachrichten an ihn erreichen Dunant nie ...
Er wird wieder zu der ersten internationalen Konferenz des Roten Kreuzes gebeten, deren Ergebnisse ihn aber nicht zufrieden stellen. 1870 ist wieder Krieg zwischen Preußen und Frankreich. Auch hier bemüht sich Dunant um Hilfsbedürftige, gerät aber auch verstärkt in Kritik.
Zerbrochene Hoffnung
In der Folgezeit rafft sich Dunant wieder auf, er gründet eine Vereinigung, "Die weltweite Allianz von Ordnung und Zivilisation", gibt eine Zeitschrift heraus und hält sehr erfolgreiche Vorträge in England. Nachdem er seine körperliche Schwäche nicht mehr verstecken kann ereilen ihn zahlreiche Hilfsangebote. Aber es dauerte nicht lange, bis er wieder in Vergessenheit gerät und seine Not wieder zunimmt.
Die nächsten elf Jahre zieht er gebrochen und enttäuscht durch Europas Städte und schleppt seine Niedergeschlagenheit und seine Armut mit. Es will ihm nicht gelingen, sich wieder aufzuraffen. Auch aus Genf, von seinem Hilfswerk, kann er zu dieser Zeit nichts erwarten. Schließlich will seine wohlhabende Familie nicht länger zusehen und beschließt, ihm finanziell unter die Arme zu greifen.
Heiden
Henry Dunant lässt sich nun in Heiden nieder, einem schweizerischen Ort am Bodensee. Er schließt viele Bekanntschaften und auch Freundschaften zu seinem Arzt und einem Dorfschullehrer. Langsam erholt er sich. In Heiden veranlasst er in der Zwischenzeit die Gründung eines Zweigs des Roten Kreuzes.
Anerkennung
Er arbeitet sein Buch "Erinnerungen an Solferino" (Auszug) auf und lässt es in viele Sprachen übersetzen. Langsam werden wieder Stimmen laut, die ihm endlich die verdiente Anerkennung zollen wollen, für "ein Werk, das nicht einer einzigen Nation, sondern der gesamten Menschheit gehört", wie es der Domherr Broyé bezeichnet. Auch in der Presse kommt dieses Thema zur Sprache. Nur vom internationalen Komitee in Genf - nichts. Dies erregt einiges Aufsehen und teilweise wird schon von einem Skandal geredet. Vorsichtige Eingeständnisse des Komitees lassen ihn hoffen und großzügige Geldspenden sichern seine Pension. Sogar von Papst Leo XIII. erhält er höchste Ehren. Von nun an wird er wieder aktiv, verfasst zahlreiche Artikel und Schriften. Und nun auch endlich: Aus Genf erreicht ihn die Nachricht, dass er offiziell als Gründer des Roten Kreuzes anerkannt ist. In der folgenden Zeit wirkt Dunant am "Grünen Kreuz" mit, einer Frauenbewegung.
Nobelpreis
Im Jahre 1901 erhält Dunant zusammen mit dem Pazifisten Frederik Passy den Friedensnobelpreis. In seinen Testament bestimmt es für die Verwendung seines Vermögens die Begleichung seiner Schulden und die Unterstützung philanthropischer Werke.
Henry Dunant Sterbebett.
Am 30. Oktober 1910 stirbt er in Heiden "
Diese Biographie beruht auf Informationen aus dem Comic in der Broschüre "125 Jahre Rotes Kreuz" vom Verlag SADIFA-RAMEAU.